Von Carolin Cartano
Die FLEISCHWIRTSCHAFT diskutierte beim Panel „Fachkräftemangel überwinden – Potenziale nutzen“ mit Dr. Henrike Meyer zu Devern (Geschäftsführerin LAND.SCHAFFT.WERTE. e.V.) über das drängendste Thema der Fleischwirtschaft. Der Mangel an qualifizierten Fachkräften stellt viele Branchen vor große Herausforderungen – sei es in der Produktion, Verwaltung oder auch in der Forschung. Gleichzeitig stehen wir vor einem strukturellen Wandel. Gesellschaftliche Erwartungen an Tierwohl und Nachhaltigkeit verändern das Bild der Branche. LAND.SCHAFFT.WERTE betreibt hier auf konstruktive, aber sehr direkte Art und Weise Kommunikation. Sie setzen sich für die deutsche Nahrungsmittelerzeugung ein und stärken so Wertschätzung, Vertrauen und Transparenz.
Ein großes Problem in Bezug auf Fachkräftemangel sieht Meyer zu Devern bereits in der Ausbildung. Hier haben viele nicht die Möglichkeit mit den entsprechenden Unternehmen in Kontakt zu treten und die vielfältigen Ausbildungen und Berufsprofile sind wenig sichtbar. Auch Unternehmen versäumen oft über den eigenen Tellerrand hinaus Nachwuchs zu akquirieren und dann mit Blick auf die Unternehmensziele entsprechen weiterzubilden und zu spezialisieren.
Gemeinsam mit dem Team von AgroBrain wurde die neue webbasierte Plattform CampusConnect programmiert, um genau diese Lücke zu schließen. Unternehmen haben die Möglichkeit auf dieser Plattform, eigene Themenvorschläge für Projektarbeiten einzustellen, auf die interessierte Studierende gezielt reagieren können. Ziel dieser Plattform ist ein engerer Theorie-Praxis Transfer und die frühzeitige Kontaktaufnahme mit den Fachkräften von morgen. Außerdem leistet sie einen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit, da sie Vitamin B aushebelt und den Kontakt zum Unternehmen auf eine neutrale Plattform hebt. Mit einem solchen Einstieg ist es für jeden möglich, in Unternehmen Fuß zu fassen und den Kontakt aufzubauen.
Das Image der Fleischbranche ist an sich nicht das Hauptproblem, da in der aktuellen wirtschaftlichen Lage jede Branche mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen hat. Besonders im ländlichen Raum konkurrieren Unternehmen nicht über Produkte, sondern über Personal. Und die klare Ansicht von Henrike Meyer zu Devern ist, hier mehr Fokus auf das Positive zu lenken. Es hilft nicht zu jammern. Die Branche muss sich und ihre Produkte im positiven Licht zeigen. Sie hat eine hohe Innovationskraft und eine enorme Hebelwirkung. Viele Themen wie Nachhaltigkeit, Food Waste, Kreisläufe, Verpackungsmüll oder Inhaltsstoffe können positiv besetzt werden.
Unternehmen müssen Recruiting und HR-Entwicklung professionalisieren, eine aktive und attraktive Unternehmenskultur etablieren und insbesondere bei der Personalgewinnung an die Gestaltung der Arbeitsumgebung denken. Hier geht es um Flexibilisierung, Weiterbildung und andere Benefits. Einige Unternehmen zeigen bereits mit neuen Ideen, wie der mentale Ballast nicht mit nach Hause genommen werden muss. Zum einen ist die Familie ein wichtiger Punkt. Viele vergessen, dass es bei der Balance zwischen Familie und Beruf nicht immer nur um die Kinderbetreuung geht, sondern auch um die Pflege von älteren Angehörigen. Es gibt bereits firmenintern eingerichtete Tagespflege für Kinder und Ältere oder Essensportionen aus der Kantine, die nach der Arbeit für Familien mitgenommen werden können. So bekommen leistungsbereite Fachkräfte mehr Ressourcen zur Erwerbsarbeit.
Der Mangel wird sich in naher Zukunft aufgrund des demografischen Wandels und geringer Schülerzahlen wohl nicht erholen, sondern wohl eher verschärfen. Es ist ein Wandel nötig, um langfristig die nötigen Maßnahmen umzusetzen und so eine Erholung in Aussicht zu stellen.