Stell dich doch einmal unseren Lesern vor.
Moin, ich bin Matthias Everinghoff, 48 Jahre alt und bewirtschafte zusammen mit meiner Frau und meinen Kindern einen Milchviehbetrieb im südlichen Emsland.
Wir wollen heute mal über das Thema Subventionen sprechen. Was sind landwirtschaftliche Subventionen und warum werden sie euch Landwirten gewährt?
Landwirtschaftliche Subventionen sind Ausgleichszahlungen, die wir bekommen, um entweder Wettbewerbsnachteile durch höhere Auflagen (z. B. Verbot von Pflanzenschutzmitteln, die in anderen Ländern erlaubt sind oder höhere Standards in der Tierhaltung) gegenüber anderen Ländern auszugleichen oder Zahlungen für zusätzliche Leistungen und Auflagen, die wir freiwillig oder vorgeschriebener weise erbringen. Ferner werden Zahlungen gewährt, um kleinere Betriebe und Junglandwirte zu fördern.
Warum wurde im Januar von euch Landwirten protestiert? Hast du dich auch an den Protesten beteiligt?
Die Bundesregierung hatte Ende letzten Jahres in einer Nacht- und Nebelaktion beschlossen, das grüne Kennzeichen, also die KFZ-Steuerbefreiung landwirtschaftlicher Maschinen und die Steuererleichterung für Agrardiesel, zu streichen. Infolgedessen hätte die Landwirtschaft Jahr für Jahr 900 Mio. Euro mehr bezahlen müssen. Das wären für Vollerwerbsbetriebe über 10.000 Euro gewesen. Diese schlecht kommunizierte Maßnahme brachte das Fass für die Landwirte zum Überlaufen. Seit 2017 wurden die Auflagen und die Bürokratie für die Landwirtschaft deutlich erhöht (Düngeverordnung, nieders. Weg, AwSv. Lagerung von Silagen und Wirtschaftsdünger usw.), ohne dass dafür im gleichen Maßen die Preise für die Produkte erhöht wurden.
Ich selbst habe mich bei der Organisation beteiligt bzw. war Ansprechpartner für unsere Region, für die Polizei oder auch um Krankentransporte oder Ähnliches weiter zu gewährleisten. Immer wenn irgendwo während der Aktion Probleme z. B. von meinem Orgateam an mich herangetragen wurden (z. B. ein vermeintlicher Reichsbürger, der obskure Flyer verteilen wollte), musste ich tätig werden und beispielsweise die Polizei informieren.
Was bedrückt euch Landwirte wirklich? Wo drückt der Schuh?
Zwei Dinge sind es in der Hauptsache, die uns Landwirte bedrücken:
- Es werden viele berechtigte gesellschaftliche Forderungen an uns herangetragen. Wir sollen eine bessere Haltung der Tiere gewährleisten, weniger Dünger und Pflanzenschutzmittel einsetzen und mehr Flächen für die Natur bereitstellen. Diese Leistungen werden aber nur unzureichend oder gar nicht bezahlt, währenddessen aber Importe aus anderen Ländern zugelassen, die unter deutlich geringeren Auflagen produziert werden. Dies führt zu ständigem Kostendruck, dem, man sieht es an den Zahlen der Betriebsaufgaben, immer weniger Betriebe gewachsen sind.
- In den letzten Jahren ist die Bürokratie in der Landwirtschaft ins uferlose gewachsen. Tierhalter müssen viel Zeit im Büro verwenden, statt sich um die Tiere zu kümmern und Ackerbauern wird durch Terminsetzung das Handwerkszeug genommen, um auf Wetterlagen zu reagieren. Zusätzlich müssen auch sie alles doppelt und dreifach dokumentieren, um weiter Ackerbau betreiben zu können und die bisherigen Prämien zu bekommen. Gerade für viele kleinere Betriebe bedeutet das das Aus, da sie sich nicht erlauben können für diesen Wahnsinn Mitarbeiter einzustellen.
Während der Bauernproteste gab es eine enorme öffentliche Aufmerksamkeit, was ist davon geblieben? Würdest du die Proteste als erfolgreich definieren? Wenn ja, inwiefern?
Den Effekt der Bauernproteste muss man von zwei Seiten aus betrachten. In der Bevölkerung haben wir eine nie gekannte Solidarität erfahren. Trotz unser Blockaden war sowohl das Presseecho als auch die Reaktionen der Verkehrsteilnehmer in weiten Teilen positiv. Von daher ein absoluter Erfolg.
Politisch ist dagegen so gut wie nichts erreicht worden. Die KFZ-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge blieb zwar erhalten und die Agrardieselrückvergütung wird innerhalb von drei Jahren abgebaut und nicht direkt gestrichen, aber:
- Es fand kein Bürokratieabbau statt, im Gegenteil lässt z. B. die Verschärfung der Nutztierhaltungsverordnung einen weiteren Bürokratiemoloch entstehen.
- Es wurde versprochen, den Verlust des Agrardiesels zu kompensieren. Die angebotenen steuerlichen Erleichterungen machen aber nur etwas mehr als 10 % der verlorenen Summe aus, sodass die Landwirte jedes Jahr über 400 Mio. Euro verlieren bzw. unser Betrieb über 8000 Euro.
- Es wurden weitere Auflagen für die Tierhaltung und den Ackerbau auf den Weg gebracht, die weder durch den Preis im Handel noch durch Zahlungen ausgeglichen werden.
- Der Mehrwertsteuersatz für landwirtschaftliche Produkte soll weiter gesenkt werden, sodass gerade kleinere Betriebe zusätzlich belastet werden.
Alles in allem lieferte uns die Politik eine Mogelpackung!
Hast du das Gefühl, es hat sich nachhaltig was verändert? Oder hat sich überhaupt was verändert?
Die Landwirtschaft ist wieder ein Stück weiter in die Mitte der Gesellschaft gerückt. Es wird ausgewogener berichtet und wir können uns der Unterstützung weiter Teile der Gesellschaft sicher sein. Politisch hat sich leider nichts zum Guten gewendet. Eher im Gegenteil. Verstanden worden ist die Botschaft zwar von Teilen der Politik, man ist aber bisher nicht bereit, substanziell etwas zu ändern und besonders kleineren Betrieben zu helfen.
Wie beeinflussen Subventionen die Preise für Verbraucher von landwirtschaftlichen Produkten?
Subventionen sorgen dafür, dass die Verbraucher qualitativ hochwertige, nachhaltige, heimische Produkte zu erschwinglichen Preisen kaufen können. Sie wirken also preissenkend.
Wenn du zu dem Thema in der deutschen Landwirtschaft was ändern könntest, was wäre das? Was ist deine Vision für die Landwirtschaft?
Die Subventionen müssen gezielter eingesetzt werden. Zahlungen für Hektar bewirtschaftete Fläche sollten umgebaut werden in direkte Förderung von z. B. Naturschutzleistungen und verbesserter Tierhaltung. Wenn der Prozess über eine Dekade gestreckt würde, dann könnten die Pachtpreise mit dem Wegfall der Flächenprämie sinken und das Geld würde nicht mehr zum Flächenbesitzer durchgereicht und in Gänze beim Landwirt ankommen. Der Umbau der Tierhaltung und Maßnahmen für mehr Biodiversität könnten endlich vernünftig gefördert und überflüssige Bürokratie gestrichen werden.
Vielen Dank für das Interview!