Wenn der Duft nach gebratener Gans durch die Küche zieht, denken viele zuerst an Weihnachts- oder Martinsgans, an schöne Traditionen mit Geschichte. Aber was steckt hinter der Gans als Nutztier? Wie wird sie gehalten und worauf sollte man beim Kauf achten?
Die Geschichte der Hausgans
Die Hausgänse stammen von den Graugänsen ab und sind seit Jahrhunderten domestiziert. Schon die Römer hielten Gänse als Wachtiere und Fleischlieferanten. Heute gibt es verschiedene Rassen, zum Beispiel die schwere Emder Gans, welche besonders für ihre Fleischqualität geschätzt wird, oder die robuste Diepholzer Gans.
Vom Gössel bis zum Ganter
In der Fachsprache unterscheidet man zwischen Gössel, Ganter und Gans.
Ein „Ganter“ repräsentiert das männliche Tier.

Während „Gans“ sich auf das weibliche Tier bezieht.

Der Begriff „Gössel“ bezeichnet die jüngsten Mitglieder der Gänsefamilie, also die Gänseküken.

Wie werden Gänse gehalten?
Aufzucht
Die Aufzucht beginnt mit Gösseln aus einer Brüterei oder aus eigener Nachzucht. In den ersten vier Wochen bleiben die Gänseküken im warmen Stall, wo sie nicht nur ein eiweiß-, mineralstoff- und vitaminreiches Futter erhalten, sondern auch vor Wind und Wetter geschützt sind. Punktuelle Wärmestrahler (z. B. Gas-Punktstrahler) imitieren das Wärmemodell der Muttergans, bei der die Küken bei sinkender Körpertemperatur zur Mutter laufen und sich unter ihr wärmen.
Ab der zweiten Lebenswoche können die Tiere schrittweise an den Aufenthalt im Freien gewöhnt werden.
In der Gänsehaltung unterscheidet man zwischen der sogenannten Weide- und Endmast.
Weidemast
Bei der sogenannten Weidemast kommen die Jungtiere, abhängig von der Witterung, Ende Mai oder Anfang Juni auf die Weide. Dort bleiben sie für vier bis fünf Monate, bis sie je nach Termin geschlachtet werden. Häufig werden die Flächen vor dem Auftrieb gemäht, da kürzeres Gras von den Gänsen lieber gefressen wird.
Bei der Weidemast werden häufig sogenannte Wechselweiden eingesetzt, also Weideflächen, die in Parzellen geführt werden und regelmäßig gewechselt werden, um eine Überweidung zu vermeiden. Welche Weideformen es gibt und wie Weidehaltung im Detail funktioniert, haben wir bereits in einem früheren Blogbeitrag „Warum Weidehaltung?“ erläutert.
Endmast
Die letzten sechs Wochen vor dem Schlachttermin bezeichnet man als Endmast. In dieser Zeit werden die Gänse mit Mastfutter versorgt, welches das im Herbst nachlassende Grasangebot ersetzt.
Herkunft der Gänse
Nur ein kleiner Teil des in Deutschland verzehrten Gänsefleischs stammt aus heimischer Produktion, der Großteil wird aus europäischen Ländern wie Ungarn oder Polen importiert. Problematisch ist dabei, dass ein Teil dieses Fleisches aus Betrieben stammt, in denen noch die äußerst qualvolle Stopfmast praktiziert wird, eine Praxis, die in Deutschland verboten ist, deren Produkte aber dennoch importiert und weiterverkauft werden können. Darüber hinaus werden die Tiere in diesen Ländern häufig unter sehr intensiven Haltungsbedingungen gehalten.
Wer seine Weihnachtsgans direkt beim Landwirt kauft, kann sich dagegen über Herkunft, Rasse, Haltung, Fütterung und Schlachtung genau informieren und die Produktionsbedingungen transparent nachvollziehen.
Saisonale Besonderheit

Wirtschaftlich hat Gänsefleisch eine Besonderheit: Es wird häufig nur saisonal angeboten. Die Hauptsaison liegt zwischen dem Martinstag und Weihnachten. In dieser Zeit steigt die Nachfrage in Deutschland stark an, was sich auch in höheren Schlachtzahlen und Verkaufszahlen widerspiegelt.
Wie viel wiegt eine Weihnachtsgans?
Das Gewicht einer Gans hängt stark von der Rasse ab. Während leichtere Tiere auf etwa 5 Kilogramm kommen, können schwere Rassen bis zu 12 Kilogramm erreichen. Beim Schlachten sind rund 30 Prozent des Lebendgewichts Teilstücke, die in Deutschland selten nachgefragt werden. Eine typische Weihnachtsgans wiegt am Ende daher etwa 4 bis 6 Kilogramm.
Ist Gänsefleisch gesund?
Gänsefleisch liefert hochwertiges Eiweiß mit rund 26 Gramm pro 100 Gramm, vergleichbar mit Hühner- oder Putenfleisch. Zudem enthält es wichtige Mineralstoffe wie Eisen, Zink und Phosphor sowie B-Vitamine , die zu einer ausgewogenen Nährstoffversorgung beitragen können.
Beim Fettgehalt kommt es stark darauf an, wie man das Fleisch zubereitet und welche Teile man isst. In der Haut ist ein recht hoher Fettanteil enthalten: 100 Gramm Gänsefleisch mit Haut bringen etwa 28 Gramm Fett , ohne Haut liegt der Wert deutlich niedriger.
Doch Fett ist nicht per se schlecht. Viele der enthaltenen Fettsäuren sind einfach oder mehrfach ungesättigt und damit essenzielle Fette für den Körper, die z. B. Zellfunktionen oder die Aufnahme fettlöslicher Vitamine unterstützen. Darüber hinaus weist Gänsefett eine andere Fettsäurezusammensetzung auf als beispielsweise Hühner- oder Entenfett: So besteht Gänsefett zu einem großen Teil aus einfach ungesättigten Fettsäuren und weist damit ein günstigeres Muster auf, was sich positiv auf das Herz-Kreislaufsystem auswirken kann.
Zudem wird ihm eine leicht antibiotische Wirkung zugesprochen und es finden sich Hinweise darauf, dass es bei der Wundheilung traditionell eingesetzt wurde – etwa im alten Rom, in Form von Umschlägen mit Gänsefett.
Federn und Daunen – eine zusätzliche Ressource
Gänse liefern nicht nur Fleisch, sondern auch Federn und Daunen, die in der Bekleidungs- und Bettwarenindustrie Verwendung finden. Dabei unterscheiden sich Federn (Deckfedern, Konturfedern) von Daunen (Untergefieder). Während die Federn eher elastisch und stützend wirken, zeichnen sich Daunen durch ihre außergewöhnliche Weichheit und Wärmespeicherfähigkeit aus. Eine einzige Daune ist sehr leicht und besitzt eine filigrane, dreidimensionale Struktur, die Luft optimal einschließt, ideal also für wärmende, atmungsaktive Füllungen.
Für einen Kilogramm Gänsedauen benötigt man etwa 20 Gänse. Gänsedaunenbetten können gewaschen oder wieder befüllt werden, dadurch wird das Bett langlebig und ressourcenschonend. Wenn zudem das gesamte Tier – Fleisch, Federn, Daunen – genutzt wird, trägt auch ein Gänsebraten zu Weihnachten oder am Martinstag zur Nachhaltigkeit bei. Vorausgesetzt, man achtet auf Gänse aus deutscher Haltung.
Fazit
Eine Gans ist mehr als ein Festtagsbraten, sie ist ein traditionelles Nutztier, das in seiner Haltung viel Sorgfalt braucht und dafür mit Fleisch und Federn von besonderer Qualität belohnt.
Wer Gänsefleisch bewusst einkaufen möchte, kann sich an einigen Orientierungspunkten orientieren:
- Gänse aus regionaler Erzeugung profitieren nicht nur von kürzeren Transportwegen, sondern bieten zugleich mehr Transparenz und Kontrolle hinsichtlich Haltung und Tierwohl.
- Ein Blick auf das Haltungsformsiegel gibt Auskunft, wie die Tiere gehalten wurden. So wird z. B. Gänsefleisch, bei dem die Tiere Auslauf haben, mit den Bezeichnungen „Freilandhaltung“, oder „bäuerliche Freilandhaltung“ vermarktet.
- Zudem lohnt sich der Einkauf direkt beim Landwirt, denn so lassen sich Informationen über Rasse, Aufzucht und Fütterung aus erster Hand erfahren.
- Wichtig: Preiswertes Gänsefleisch aus dem Supermarkt kann ein Warnsignal sein. Oftmals stammt es von Tieren, deren Hauptprodukt die Stopfleber war und bei denen Fleisch, Federn und Daunen nur Nebenprodukte sind. Mit einem solchen Kauf unterstützt man häufig eine Haltung, die mit Tierwohl kaum mehr zu tun hat. Besser ist es, die Martins- oder Weihnachtsgans beim gänsehaltenden Landwirt zu bestellen.
Dieses zusätzliche Wissen kann Vertrauen schaffen und den Genuss der Gans zu einem bewussten Erlebnis machen
Albert-Schweitzer-Stiftung: Gänse (Stand: 17.10.2025)
BLE: Gänse aus heimischer Erzeugung (Stand: 17.10.2025)
BLE: Woher kommt die Weihnachtsgans? – Zu Besuch beim Gänsehalter (Stand: 02.10.2025)
DESATIS: Zahl-der-Woche 60 % des Gänsefleisches 2020 im November und Dezember erzeugt (Stand: 06.10.2025)
Dithmarscher Gefluegel: Über Gänse (Stand: 02.10.2025)
DLG: Haltung von Spezialgeflügel: Weidemastgänse (Stand: 02.10.2025)
Eskildsen: Kleine Federnkunde (Stand: 17.10.2025)
Flexikon: Gans (Stand: 02.10.2025)
Gänsehof Tapphorn: Bettenreinigung (Stand: 30.10.2025)
Geflügel Brandt: Gänseschmalz (Stand: 30.10.2025)
Hauswirtschaft.info: Federn (Stand: 30.10.2025)
Humbold-Universität zu Berlin: Weiden mit Gänsen (Stand: 02.10.2025)
Landwirtschaftskammer Niedersachsen: Gaense halten, vom Gössel bis zur Schlachtgans (Stand: 02.10.2025)
Nährwert Index: Gänsefett/-schmalz (Stand: 30.10.2025)
Nutrionio: Gänsefleisch (nur Fleisch) (Stand: 06.10.2025)
Nutrionio: Gänsefleisch (Stand: 06.10.2025)
Nutrionio: Gänsefleisch (Fleisch und Haut) (Stand: 06.10.2025)
WDR: Gänsebraten – mit gutem Gewissen genießen (Stand: 30.10.2025)