Futter ist die Grundlage der Nutztierhaltung und somit ein bedeutender Wirtschaftszweig der Agrar- & Ernährungsindustrie. Die Ausgaben der Landwirtschaft für zugekaufte Futtermittel lagen 2020 bei etwa 8,5 Milliarden Euro. Doch welche Auswirkungen hat die Futtermittelproduktion wirklich auf unsere Umwelt & das Klima bzw. den Klimawandel?
Konkurrieren wir mit den Nutztieren um Nahrung?
192,2 Mio. Tonnen Nahrung – und das ausschließlich für Nutztiere?!
Von 192,2 Mio. Tonnen Futter entfallen in Deutschland ca. 95 Prozent (183,3 Mio. t) auf inländisch erzeugte Futtermittel, darunter hofeigene Futtermittel wie Grassilage, Maissilage, und Getreide. Mit 88 Prozent ist der Großteil der Futtermittel für den menschlichen Verzehr nicht geeignet, stellen für die Tierernährung aber wertvolle Komponenten dar. Hierzu gehören bis heute insbesondere die Nebenprodukte der pflanzlichen Ölgewinnung aus Raps-, Sonnenblumen-, Leinsamen und Sojabohnen. Wie auch die Nebenprodukte der Getreideverarbeitung, Weidegras und andere Futtermittel, die nur von Wiederkäuern effektiv genutzt werden können.
Könnte man auf den Flächen nicht einfach etwas anderes anbauen, was dann wiederum als menschliche Nahrung dient? Jein!
Zwei Drittel der weltweit verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzfläche sind aus geographischen und klimatischen Gründen sogenanntes absolutes Grasland und für den Ackerbau nicht nutzbar. Auf diesen Flächen können nur Wiederkäuer weiden.
Wieviel landwirtschaftliche Fläche nutzen wir für den Futtermittelanbau?
Mehr als die Hälfte der Agrarfläche in Deutschland wird für den Futteranbau verwendet. Das sind ungefähr 10 Millionen Hektar Fläche! Kann man also auf den Flächen für Futter nicht besser gleich Pflanzen anbauen, die wir Menschen direkt essen können?
In der aktuellen Klima-Diskussion spielt die Landwirtschaft eine immense Rolle. Denn: In den Augen vieler Kritiker:innen stehen Nutztiere wegen des Anbaus von Futter in Nahrungskonkurrenz zum Menschen. Was ist dran an diesem Aussage?
Fünfzig Prozent dieser Fläche ist Grünland, sprich Wiesen, die zur Futtergewinnung gemäht werden und Weiden, auf denen die Tiere grasen.
Die Grünlandnutzung liefert also einen Großteil des für die Ernährung notwendigen Grundfutters wie Gras, Grassilagen und Heu und ist für den Ackerbau und somit auch für die Gewinnung pflanzlicher Lebensmittel nicht nutzbar.
Futtermittel vs. Lebensmittel: Bleibt also noch das Ackerland?
Die Entscheidung darüber, was in der Landwirtschaft wo angebaut wird, ist immer das Resultat einer nicht „freien“ Standortwahl. Die Landwirtschaft ist immer mit einer Standortentscheidung verbunden, die von regionalen, strukturellen und klimatischen Bedingungen abhängt. Denn zum großen Teil entscheiden Boden, Witterung und die Qualität der Ernte darüber, ob entweder Futterpflanzen oder pflanzliche Lebensmittel angebaut werden.
Diese Futtermittel veredeln Rinder
Durch den mehrteiligen Magen der Wiederkäuer ist es Rindern möglich, auch solche pflanzlichen Rohstoffe als Nahrung zu nutzen, die für uns Menschen unverdaulich sind. Und das ist sehr nachhaltig, denn: Sie machen damit Ressourcen nutzbar, die der menschlichen Ernährung sonst nicht zur Verfügung stehen würden. Rinder verwerten nicht nur Gras (z.B. Heu oder Silage), sondern auch Zwischenfrüchte der landwirtschaftlichen Fruchtfolge sowie Nebenprodukte aus der Lebensmittelproduktion und das bei der Ernte anfallende Stroh.
Rund 80 bis 85 Prozent dessen, was Rinder fressen, ist nicht für die menschliche Ernährung geeignet. Mit der Verfütterung an Nutztiere werden daraus aber Lebensmittel. Die restlichen 15 bis 20 Prozent des täglichen Futters wären theoretisch für die menschliche Ernährung geeignet, allerdings handelt es sich meist um angebaute Futtergetreidesorten bzw. es wird die ganze Pflanze geerntet und verfüttert.
Zero Waste dank Tierhaltung?
Viele Produkte, wie z.B. Bruchkekse, Keks- oder Waffelmehl haben zwar nachweisbar Lebensmittelqualität, können aber wegen Schönheitsfehlern oder einer falschen Etikettierung nicht mehr verkauft werden. Für alle diese Erzeugnisse sind bereits Ressourcen aufgewendet worden, denn würden die Lebensmittel bzw. Nebenprodukte einfach entsorgt werden, wäre dies im Prinzip eine Ressourcenverschwendung.
Futtermittelunternehmen verwenden diese Koppel- & Nebenprodukte aus der Lebensmittelindustrie und produzieren daraus Nahrung für Nutztiere.
So werden Kleien und Nachmehle aus Mehlmühlen, Ölschrote und -kuchen aus Ölmühlen, Maiskleber aus der Stärkegewinnung, Trockenschnitzel aus Zuckerfabriken, Molkeprodukte aus Molkereien oder auch Treber aus Brauereien effektiv genutzt. Diese Produkte eignen sich aufgrund ihres Geschmacks oder ihrer Konsistenz nicht für unsere Ernährung, können dann aber hervorragend als Tierfutter genutzt werden. Entgegen früherer Zeiten landen aus seuchenhygienischen Gründen aber keine Küchenabfälle und Speisereste mehr im Trog der Tiere.
Wie viel Wasser benötigen wir für 1 kg Rindfleisch?
Für die Erzeugung von 1 kg Rindfleisch werden im weltweiten Mittel 15.415 Liter virtuelles Wasser benötigt. Davon sind 14.414 Liter (93,5 Prozent) „grünes“ Regenwasser, das auf die Futterflächen fällt. Der Rest unterteilt sich in „blaues“ Wasser für die Bewässerung und sonstiges „graues“ Wasser z.B. für Tränken, Reinigung und Verarbeitungsprozesse.
Der Wasserfußabdruck umfasst die Gesamtmenge an Wasser, die für die Produktion von Gütern und Dienstleistungen benötigt wird. Im Gegensatz zum direkten Wasserverbrauch rechnet der Wasserfußabdruck auch das indirekt genutzte Wasser mit ein. Die in Produkten versteckte Wassermenge wird häufig als virtuelles Wasser bezeichnet. Dabei wird zwischen blauem, grünem und grauem Wasser unterschieden:
🔵 Der blaue Fußabdruck bezieht sich auf das Grund- und Oberflächenwasser, das bei der Produktion direkt verdunstet wird.
🟢 Der grüne Fußabdruck beschreibt die Wassermenge, die durch die Vegetation selbst verdunstet und ist somit vor allem in der Landwirtschaft von Bedeutung.
⚫ Der graue Fußabdruck umfasst die Wassermengen, die durch Produktionsprozesse verunreinigt werden.
Für in Deutschland erzeugtes Rindfleisch aus Intensivhaltung werden pro Kilogramm 5.991 Liter (davon 5.014 Liter „grünes Wasser“) benötigt, für Rindfleisch aus extensiver Weidehaltung 12.229 Liter (davon 11.083 Liter „grünes Wasser“).
Wieviel Wasser verbraucht unsere Ernährung?
Im Vergleich zur flexitarischen, vegetarischen und veganen Ernährungsweise, hat die Mischkost, also der Konsum sowohl pflanzlicher als auch tierischer Nahrung, mit 29 m³ pro Person und Jahr den geringsten Wasserverbrauch.
Unter der Voraussetzung gleicher Handelsströme, verbraucht jede Person im Jahr 39 m³ Wasser für eine flexitarische, 39 m³ für eine vegetarische und 45 m³ für eine vegane Ernährungsform.
So viel Wasser verbraucht unsere Ernährung!
Aber woran liegt das?
Die Bilanz erklärt sich dadurch, dass für die Erzeugung pflanzlicher Lebensmittel mehr Wasser zur Bewässerung nötig ist. Bei der Betrachtung der derzeitigen Ernährungsweise entfallen 96 Prozent des Wasserknappheitsfußabdrucks auf pflanzliche und nur 4 Prozent auf tierische Lebensmittel. Und dieser Wert nimmt zunehmend ab.
Denn: Der hohe Wasserverbrauch pflanzlicher Lebensmittel durch die künstliche Bewässerung in den Produktionsländern, sorgt dafür, dass der Selbstversorgungsgrad in Deutschland mit Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen relativ niedrig ist.
Mit anderen Worten: Die von uns nachgefragten pflanzlichen Lebensmittel werden größtenteils außerhalb Deutschlands angebaut und sind dort auf zusätzliche Bewässerung angewiesen, wie z. B. Zitrusfrüchte, Mandeln oder Trauben.
Der geringere Wasserverbrauch für tierische Lebensmittel erklärt sich dadurch, dass ein Großteil der Anbauflächen in Deutschland zwar zur Tierhaltung genutzt wird, diese Flächen aber überwiegend nicht auf Bewässerung angewiesen sind.
Was hat es mit dem Sojabau auf sich?
In den vergangenen Jahren hat der Sojaanbau auch in Deutschland immer mehr an Bedeutung gewonnen. Im Vergleich zum Jahr 2016 hat sich die Erntemenge von Sojabohnen im Jahr 2020 mehr als verdoppelt!
Bei der Sojabohne handelt es sich um eine Nutzpflanze, die u.a. als Nahrungspflanze, aber auch für die Herstellung von Biosprit verwendet wird. Aus Sojabohnen werden Produkte gewonnen wie Sojaschrot, Sojaöl, Sojasoße und Tofu, welche aufgrund des hohen Eiweißgehaltes als Fleischersatzprodukte immer beliebter werden. Hauptverwendungsbereich stellt jedoch nicht der menschliche Verzehr, sondern die Nutztierhaltung dar. Dort wird v.a. Sojaextraktionsschrot als Bestandteil von Futtermitteln für Hühner, Schweine oder Rinder verwendet. In den vergangenen Jahren sind der Anbau und die Produktion von Sojabohnen weltweit gestiegen – genauso wie bei allen anderen Ölpflanzen.
Alleskönner Hülsenfrüchte
Erbsen, Bohnen, Linsen, Soja und Lupinen machen sich nicht nur gut auf dem eigenen Teller, sondern tun auch Umwelt und Klima etwas Gutes!
Hier die Top 3:
• Eiweißreich für Mensch & Tier
• Insektenfördernd
• Positiver Effekt auf Bodenfruchtbarkeit
Hülsenfrüchte können 300 kg Stickstoff je Hektar binden. Der Anbau fördert zudem die Humusbildung und die Bodenfruchtbarkeit. Denn: Hülsenfrüchte haben ein verzweigtes Wurzelsystem. Dies lockert den Boden auf, macht wichtige Nährstoffe verfügbar und ist im Herbst Nahrung für viele Bodenlebewesen. In der Blüte sind Hülsenfrüchte außerdem bei nektarsammelnden, bestäubenden Insekten sehr beliebt.
Auch in Deutschland setzen immer mehr Landwirt:innen auf die heimische Produktion der Eiweißpflanzen: Seit 2010 hat sich die Anbaufläche für Körnerleguminosen in Deutschland mehr als verdoppelt. 2021 wurden insgesamt knapp 245.000 Hektar Körnerleguminosen angebaut. Als eiweißreiche Futtermittel sorgen sie auch für eine nachhaltigere Tierhaltung. Vor allem Sojaextraktionsschrot ist ein fester Bestandteil in der Nutztierhaltung. Für Schweine eignen sich zum Beispiel auch die Körner von Futtererbse und Ackerbohne. Wiederkäuer wie Rinder fressen zum Beispiel Kleegras-Gemisch und Lupinensamen. Werden heimische Körnerleguminosen als Eiweißquelle im Viehfutter verwendet, können zudem Stoffkreisläufe besser geschlossen werden.
Insekten als Klimaretter?
Wie können Nutztiere nachhaltiger gefüttert werden?
Seit der EU-Zulassung im September 2021 darf verarbeitetes tierisches Protein aus sieben Nutzinsekten auch an Schweine und Geflügel verfüttert werden. Bei diesen handelt es sich um die folgenden Insekten: Soldatenfliege, Stubenfliege, Mehlkäfer, Getreideschimmelkäfer, Heimchen, Kurzflügelgrille und die Steppengrille.
Denn: Eine wachsende Weltbevölkerung steigert auch die Nachfrage nach tierischen Lebensmitteln. Das erhöht nicht nur den Druck auf Ökosysteme, sondern erfordert auch einen Wandel in der Lebensmittelproduktion. Aktuell haben sich 63 Prozent der befragten Personen einer BMEL-Umfrage dafür ausgesprochen, dass sie Insekten für die Tierernährung befürworten.
Auf der Suche nach alternativen Proteinträgern können Insekten neben Algen und anderen heimischen Proteinpflanzen eine gute Alternative sein.
Wieso macht die Fütterung mit Insekten Sinn?
Insekten können dezentral und lokal gezüchtet und zu Futtermitteln verarbeitet werden, so erspart man sich lange Transportwege und schont das Klima.
Insekten sind Teil der Kreislaufwirtschaft: Sie können sich von unterschiedlichster Biomasse ernähren, die sie selbst zu hochwertigen Proteinen veredeln.
Insekten wachsen sehr schnell und vervielfachen ihr Körpergewicht innerhalb weniger Tage, das spart Ressourcen.
Durch ihren hohen Protein- und Fettgehalt tragen sie zur Schließung der Eiweißlücke bei.
Was verstehen wir unter einer Eiweißlücke?
Ebenso wie in der menschlichen Ernährung spielen Eiweiße (Proteine) in der Tierernährung eine wichtige Rolle. Eiweißpflanzen sind widerstandsfähig im Anbau und tragen auf natürliche Weise zur Bodenfruchtbarkeit bei. In Deutschland werden derzeit weniger Eiweißpflanzen angebaut, als benötigt werden. Hieraus ergibt sich die sogenannte Eiweißlücke, diese liegt aktuell bei 25 Prozent.
Die Bundesregierung hat hierzu die Eiweißpflanzenstrategie auf den Weg gebracht. Diese verfolgt vorrangig die nachfolgenden Ziele.
- Stärkung der regionalen Wertschöpfungsketten
- Verringerung der Wettbewerbsnachteile von heimischen Eiweißpflanzen
- Eiweißversorgung mit heimischen Eiweißpflanzen.
Wie klimaschädlich ist die Futtermittelproduktion? Das sagen Expert:innen:
HIER GEHT ES ZUM INTERVIEW >>
HIER GEHT ES ZUM INTERVIEW >>
HIER GEHT ES ZUM INTERVIEW >>
#farbebekennen – Unser Fazit:
Die Futtermittelproduktion der Zukunft zeigt verschiedene Wege auf, wie wir die sogenannte Eiweißlücke in Deutschland verkleinern können. Ziel der Wissenschaftler:innen und Futtermittelfirmen ist es, den Klimawandel und eine bedarfsgerechte Fütterung zu vereinen.
Was wir weiterhin festhalten können ist, dass wir die Tierhaltung benötigen, um einen nachhaltigen Nährstoffkreislauf zu erhalten. Nur durch die Tierernährung ist es möglich, für den Menschen unverdauliche Biomasse in wertvolle Lebensmittel umzuwandeln.
Quellen:
AIF: Futtermittel der Zukunft (Stand: 21.02.2022)
BMEL: Vorläufiges Futteraufkommen im Wirtschaftsjahr 2020/21 (Stand: 18.02.2022)
BRS: Grafiken zum Themenbereich Tier
(Stand: 18.02.2022)
DVT: Futtermittel und Tierernährung – ein (ge)wichtiger Wirtschaftsbereich (Stand: 18.02.2022)
FAO: Livestock: On our plates or eating at our table? A new analysis of the feed/food debate (Stand: 18.02.2022)
FEFAC: Co-Product Feeds in Europe (Stand:18.02.2022)
Industrieverband Agrar e. V. (IVA), 2021
Meat the facts: more than meats the eye – environment (Stand: 21.02.2022)
Statista: Anbaufläche von Sojabohnen in Deutschland in den Jahren 2016 bis 2022 (Stand: 21.02.2022)
UFOP, 2022
WWF-Ökobilanzstudie, 2021