Antibiotika kennen wir alle – viele von uns haben, schon einige Erfahrungen gemacht. Erkranken wir an einer bakteriellen Infektion sind Antibiotika das Heilmittel der ersten Wahl. So ist es auch bei unseren Nutztieren. Erkranken Rind oder Schwein an einem bakteriellen Infekt wie z.B. Staphylococcus aureus kommen auch hier Antibiotika zum Einsatz. Schauen wir uns einmal an, was es mit diesen Medikamenten auf sich hat und wie es mit Antibiotika in der Tierhaltung aussieht.
Eine kleine Zeitreise
Im Jahr 1928 entdeckte der schottische Bakteriologe Alexander Fleming durch einen Zufall das erste Antibiotikum Penicillin. Über die Ferien hatte er eine Schale mit einem Krankheitserreger auf seinem Labortisch vergessen. In dieser Zeit hatte sich in der Schale ein grüner Schimmelpilz gebildet und die Bakterien zerstört. Fleming gelang es, die Substanz aus dem Schimmelpilz zu extrahieren (extrahieren = abzutrennen).1
In ausreichenden Mengen konnte die Forschung Penicillin allerdings erst im Jahr 1943 herstellen.
Im zweiten Weltkrieg wurde Penicillin für die Behandlung der Soldaten verwendet. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts rettet es zahlreiche Menschenleben und wird als eine der größten Innovationen der Medizingeschichte ausgezeichnet. Es entsteht ein regelrechter Antibiotikaboom.2
Heute, fast 100 Jahre später ist Antibiotika in der Medizin und der Tiermedizin immer noch das Mittel, wenn es darum geht Bakterien abzutöten und Leben zu retten. Jedoch sind die abgegebenen Antibiotikamengen zwischen 2011 und 2021 von 1.700 Tonnen auf 601 Tonnen zurück gegangen. Das entspricht einer Reduzierung von 65 Prozent in 10 Jahren.3
Antibiotika in der Tierhaltung – Was sind Antibiotikaresistenzen?
Der Erfolg des Antibiotikums hat auch Schattenseiten. Im Laufe der Zeit wurden Antibiotika immer schneller und öfter verschrieben, was Antibiotikaresistenzen gefördert hat.
Damit gehört die unsachgemäße Anwendung von Antibiotika, neben zu kurz oder zu niedrig dosierten Behandlungen und mangelhafter Hygiene in Krankenhäusern und Stallungen zu den wichtigsten Ursachen für eine Resistenzbildung in der Human- und Tiermedizin.4
Bei Erkrankungen, die durch Bakterien verursacht werden, unterstützen Antibiotika das Immunsystem, indem sie die Erreger im Wachstum hemmen und abtöten.
Bakterien verfügen jedoch über die Fähigkeit, Resistenzen zu bilden. Durch natürliche Mutationen im Erbgut der Bakterien oder durch den Austausch der Resistenzgene zwischen den Bakterien entsteht eine Antibiotikaresistenz. Hierbei verlieren Antibiotika die Wirksamkeit gegenüber den Bakterien.5
Woher stammen Antibiotikaresistenzen?
Die Entwicklung und die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen stellen ein globales Problem in der Human- und in der Tiermedizin dar. Denn der Transfer von antibiotikaresistenten Bakterien und Resistenzgenen ist wechselseitig zwischen Mensch und Tier möglich.6
Mittlerweile ist es im Falle des Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA (auch als Krankenhauskeim bekannt)) möglich, die Resistenzherkunft nach Human- oder Veterinärmedizin zu unterscheiden. Es konnte festgestellt werden, dass MRSA-Keime, die aus dem Tierstall stammen, in Deutschland zu rund fünf Prozent für Infektionen beim Menschen verantwortlich sind. Hingegen sind die Keime, die der Humanmedizin in Kliniken große Probleme bereiten, zu 95 Prozent MRSA-Keime, die nur beim Menschen vorkommen.7
Auflagen für den Einsatz bei Antibiotika in der Tierhaltung
Um eine unsachgemäße Anwendung von Antibiotika in der Tierhaltung zu vermeiden, gibt es strenge Auflagen.
So sind seit 2011 pharmazeutische Unternehmen und Großhändler verpflichtet, die Mengen der an Tierärzt:innen abgegebenen Antibiotikamengen zu erfassen und in einem zentralen Register zu melden.8
Der Einsatz der Antibiotika wird von Landwirt:innen und Tierärzt:innen dokumentiert. Dies geschieht über das staatliche Antibiotikamonitoring und das QS-Antibiotikamonitoring.
Im Januar 2023 ist die Pflicht Antibiotika-Verbrauchsmengen bei Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten zu erfassen und zu melden von den Landwirt:innen auf die Tierärzt:innen übergegangen.9 Das bedeutet, dass die Tierhalter:innen ihre Tieranzahl und die Tierarztpraxis melden.
Die Tierärzt:innen melden die eingesetzten Antibiotika, die Dauer der Anwendung, die Anzahl der behandelten Tiere sowie die eingesetzte Menge.
Im Tierarzneimittelgesetz (TAMG) sind die Daten, welche für die Meldung der Verbrauchsmengen benötigt werden, festgelegt.10
#farbebekennen – Unser Fazit:
Der Einsatz von Antibiotika ist essenziell, um die Tiergesundheit und das Tierwohl zu stärken.
Denn Antibiotika helfen, bakterielle Erreger abzutöten und unterstützen damit das Immunsystem der Tiere bei der Genesung.
Bakterien besitzen jedoch die natürliche Fähigkeit Resistenzen zu bilden. Aus diesem Grund sollte der Einsatz der Antibiotika optimalerweise nach einem Erregernachweis durchgeführt werden.
In Deutschland gibt es strenge Auflagen, die dafür sorgen, dass Tierärzt:innen gezielt Antibiotika verschreiben und die Nachverfolgbarkeit gegeben ist.
Zudem sind seit der Entdeckung des Antibiotikum im Jahr 1928 die Standards in den Stallungen und der Tiermedizin gestiegen, was gesündere Tiere und damit eine Reduzierung der Antibiotikagabe zur Folge hat.
1 GEO: Wie Alexander Fleming durch eine Schlamperei das Penicillin entdeckte (Stand:15.03.2023)
2 GEO: Wie Alexander Fleming durch eine Schlamperei das Penicillin entdeckte (Stand:15.03.2023)
3 BVL: Deutlich geringere Abgabemengen von Antibiotika in der Tiermedizin (Stand: 15.03.2023)
4 BRS: Antibiotikaresistenzen in der Nutztierhaltung (Stand: 15.03.2023)
5 RKI: FAQ Antibiotikaresistenz Was sind Antibiotika-Resistenzen und wie entstehen sie? (Stand: 15.03.2023)
6 BVL: Deutlich geringere Abgabemengen von Antibiotika in der Tiermedizin (Stand: 15.03.2023)
7 Epidemiologisches Bulletin, 40/2021 (Stand: 07.10.2021)
8 vetline: Neues TAMG: Meldepflicht für Tierärzte ab Januar 2023 (Stand: 17.03.2023)
9 QS: QS-Antibiotikamonitoring: Rindermast ab Januar 2023 vollständig eingebunden (Stand: 17.03.2023)
10 BMJ: Tierarzneimittelgesetz (TAMG) § 56 Tierärztliche Mitteilungen über Arzneimittelverwendung (Stand: 17.03.2023)