Wie kann die Landwirtschaft bis 2045 klimaneutral werden?

Interview Ansgar Lasar
Ansgar Lasar, Klimabeauftragter der Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Ende August 2021 verschärfte die Bundesregierung die Klimaschutzvorgaben und formulierte das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045. Wir haben Ansgar Lasar gefragt, was diese Zielvorgabe für die Landwirtschaft und die deutsche Tierhaltung bedeutet.

Deutschland hat sich – im neuen Klimaschutzgesetz – dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu werden. Was bedeutet dieses Ziel für die deutsche Landwirtschaft? 

Die Landwirtschaft wird dann ihre Maschinen nicht mehr mit Diesel, sondern mit einem aus erneuerbaren Energien hergestellten Treibstoff fahren. Trotzdem wird die Landwirtschaft dann der Sektor sein, der immer noch Treibhausgasemissionen verursachen wird. Nicht weil die Landwirtschaft nicht willens ist, sondern weil es keine Technologien gibt, durch die Lachgasemissionen aus dem Boden und Methanemissionen aus der Verdauung einfach ausgeschaltet werden können.  

Welchen Beitrag kann die deutsche Tierhaltung leisten?

In der Tierhaltung entstehen die Treibhausgasemissionen (THGE) durch die anfallenden Exkremente und bei der Verdauung. Außerdem werden THGE für die Bereitstellung von Betriebsmitteln, insbesondere Futtermittel verursacht. 
Zur Minderung der THGE aus den anfallenden Exkrementen gibt es wirksame und gesicherte Möglichkeiten. So können sie zum Beispiel schnell aus dem Stall entfernt, in einer Biogasanlage energetisch genutzt, anschließend gasdicht gelagert und letztlich bedarfsgerecht und emissionsarm als Dünger eingesetzt werden. 
Bei den THGE aus der Verdauung wird es schon schwieriger. Wenn Wiederkäuer Gras in hochwertige Produkte verwandeln, entsteht dabei unweigerlich Methan. Allenfalls kann man die Menge beeinflussen. Dabei sind allerdings Zielkonflikte zu beachten. So entstehen beim Einsatz leicht verdaulicher Futtermittel, die in Konkurrenz stehen zum direkten menschlichen Verzehr, weniger Methanemissionen als beim Einsatz von weniger verdaulichen Futtermitteln, die für den Menschen direkt überhaupt nicht geeignet wären.

Ein weiterer Zielkonflikt besteht bei der Futterverwertung. Je weniger Futter je kg Fleischzuwachs benötigt wird, desto weniger THGE werden verursacht. Hier kann der Tierschutz ein begrenzender Faktor sein. Zum Beispiel ist die Bruderhahnmast keine Klimaschutzmaßnahme.

In der Diskussion wird häufig die Theorie aufgeworfen, dass wir die Tierbestände in Deutschland reduzieren müssen. Welchen Nutzen hätte diese Maßnahme im Hinblick auf unsere Klimabilanz in Deutschland?

Die deutsche Klimabilanz können wir damit schön rechnen. Wenn wir weniger produzieren, haben wir auch weniger THGE. Das nütz dem Klimaschutz aber nicht, wenn die Produktion ins Ausland verlagert wird, was vor dem Hintergrund des laut Welternährungsorganisation steigenden Bedarfs als gesichert angesehen werden kann. Als Volkswirtschaft sollten wir außerdem die eigene Versorgungs- und Lebensmittelsicherheit im Blick behalten. Ein ganzes Jahr auf das neue Auto warten zu müssen, weil der Chip fehlt, ist unproblematischer als eine Woche vor leeren Lebensmittelregalen zu stehen.

Wenden wir uns dem Rind zu: Das Rind steht im Verruf ein Klimakiller zu sein. Schaden die Rinder dem Klima?

Rinder stehen insbesondere wegen ihrer Methanemissionen aus der Verdauung im Fokus. 

Es wird sehr kontrovers diskutiert, welchen Einfluss Methan auf den Klimawandel hat. Wie sehen Sie die Auswirkungen von Methan im Vergleich zu CO2 oder Lachgas?

In der Treibhausgasberichterstattung wird Methan mit dem Faktor 25 und Lachgas mit dem Faktor 298 in CO2-Äquivalente umgerechnet. Der Faktor beinhaltet die Treibhausgaswirksamkeit bezogen auf einen Zeitraum von 100 Jahren.  Ein kg Methan entspricht demzufolge bezogen auf einen Zeitraum von 100 Jahren der Treibhausgaswirkung von 25 kg CO2. An der Diskussion biogenes Methan (also zum Beispiel Methan aus Landwirtschaft) anders zu bewerten als fossiles Methan (zum Beispiel aus Erdgas) beteilige ich mich nicht. Aus Klimaschutzsicht kann ich darin keinen Nutzen für meine Enkelkinder erkennen.

Vielen Dank!

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