Rinder als Klimakiller unserer Zeit?

Klemens Schulz - Rinder als Klimakiller unserer Zeit
Klemens Schulz

Klemens Schulz gilt als kompetenter Ansprechpartner für Themen der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung. Seit 2017 leitet er das Referat für Öffentlichkeitsarbeit im Bundesverband Rind und Schwein, wo er zentrale Anlaufstelle für die Kommunikation mit Verbandsmitgliedern, Journalisten, Verbrauchern und politischen Akteuren ist. Im Rahmen seiner Arbeit setzt er sich insbesondere mit Vorurteilen gegen die Nutztierhaltung auseinander, darunter auch die oft kritisierte Rolle von Rindern als Verursacher von Treibhausgasen.

In diesem Interview haben wir mit Klemens über die Vorurteile gegenüber Rindern als Klimakiller unserer Zeit sowie über die wichtige Rolle unserer Landwirtschaft für die Zukunft gesprochen.

Nach meiner Ausbildung zum Landwirt habe ich in Bonn Agrarwissenschaften studiert. Von 1991 bis 2016 war ich beim Zentralverband der Deutschen Schweineproduktion tätig. Der ZDS hat sich mit vier weiteren Tierartendachverbänden zum Bundesverband Rind und Schwein zusammengeschlossen. Seit 2017 bin ich dort als Referatsleiter für Öffentlichkeitsarbeit tätig. Damit bin ich Ansprechpartner für die Kommunikation mit unseren 220 Verbandsmitgliedern und Kontaktperson für Journalisten, Verbrauchern und der Politik. Natürlich immer im Austausch mit unserer Geschäftsführung, Frau Dr. Hammer und Stephan Schneider.

Bild vom Bundesverband Rind und Schwein e.V.

Umfragen zeigen, dass die Deutschen gerne Fleisch und Fleischprodukte essen. Ich finde, jeder soll essen, was ihm schmeckt. Moralisieren lehne ich ab. Fakten sollten die Basis für eine transparente und ehrliche Diskussion bleiben. „Eine erfolgreiche Kommunikation über hochmoderne Tierhaltung und Lebensmittelproduktion sollte neben dem Know-how der Praktiker und der Faszination technischer Effizienz auch kulturelle, soziale und ästhetische Aspekte stärker berücksichtigen.“ Das stammt leider nicht von mir, sondern vom Soziologen Dr. Daniel Kofahl, dem Gründer des Büros für Agrarpolitik und Ernährungskultur. Er hat auf unserer diesjährigen Fachtagung in Leipzig einen sehr interessanten Vortrag zu diesem Thema gehalten. https://www.rind-schwein.de/brs-news/wunsch-und-wirklichkeit-wann-tut-der-spagat-nicht.html

Bild vom Bundesverband Rind und Schwein e.V.

Ich bin stolz auf unsere Tierhalter und auf unsere Landwirtschaft insgesamt. Ein Bauer ernährt heute 139 Menschen. Dank der zuverlässigen Produktion von Lebensmitteln in ausreichender Menge, Vielfalt und guter Qualität konnten wir uns zu einer modernen Dienstleistungsgesellschaft entwickeln, in der jeder seinen beruflichen Neigungen nachgehen kann. Warum sagen wir das unseren Kundinnen und Kunden nicht viel öfter?

Oder um es mit den Worten von Prof. Dr. Onno Poppinga, Universität Kassel (im Ruhestand) zu sagen: „Die Kuh ist kein Klimakiller. Mit ihrer Fähigkeit, aus für den Menschen unverdaulicher Pflanzenmasse wertvolle Nahrungsmittel zu produzieren, ist sie vielmehr das „achte Weltwunder“.
https://www.rind-schwein.de/brs-news/rinder-sind-bei-fragen-zum-klimawandel-teil-der-lo.html

Von Ernährungsempfehlungen halte ich gar nichts. Sie verunsichern mehr, als dass sie Orientierung bieten. Da ich kein Ernährungswissenschaftler bin, zitiere ich einen. Der Ernährungswissenschaftler Uwe Knop ordnet sein Fachgebiet sehr nüchtern ein: „Nichts Genaues weiß man nicht“. Die Forschung steckt in einem Wahrnehmungsdilemma: Sie behauptet mehr, als sie beweisen kann. Kausale Evidenz, also hieb- und stichfeste Beweise, gebe es nicht. Alles, was die Fachwelt liefere, seien Hypothesen und Vermutungen, stellt der Ernährungswissenschaftler fest. Daraus ergebe sich auch der Umkehrschluss, dass man zum Beispiel einem Krebskranken bei der Diagnose nicht mit Sicherheit sagen könne: Deine Ernährung war schuld, weil du zu viel XYZ gegessen hast. Umgekehrt kann man auch in der Prävention nur evidenzbasierte Ratschläge geben, die auf Korrelationen beruhen, aber niemals auf kausaler Evidenz. Das gilt auch für Fleisch oder die sogenannte Planetendiät: „Wissenschaftlich gesicherte Belege für die Gesundheitsversprechen der EAT-Lancet-Kommission mit ihrer Planeten-Diät gibt es nicht. Und wer anders isst, ruiniert weder zwangsläufig seinen Körper noch den Erde.“, schreibt die Wissenschaftsjournalistin Johanna Bayer in ihrem Blog „Quarks und So“. Ich finde, sie hat Recht.
https://www.rind-schwein.de/brs-news/die-rolle-der-ernaehrung-bei-der-vorbeugung-von-kr.html

Bild vom Bundesverband Rind und Schwein e.V.


Gerade in den letzten Jahren sind hier enorme Fortschritte erfolgt. Das Thema Futtereffizienz wird in Zukunft einen wichtigen Platz bei der Umsetzung züchterischer Ziele haben.

https://www.rind-schwein.de/brs-news/ueber-die-fuetterung-die-methanemission-senken.html.

Eine nachhaltige Welternährung kann nur mit effizienten Agrarsystemen gelingen. Die Nachfrage nach Nahrungsmitteln wird sich bis 2050 nahezu verdoppeln. Die Herausforderung besteht darin, diesen Bedarf durch eine nachhaltige, ressourcen- und umweltschonende Nahrungsmittelproduktion zu decken. Der Weltklimarat (IPCC) fordert daher zu Recht eine nachhaltige Intensivierung bestehender Landnutzungssysteme. Eine Extensivierung nach deutschem Vorbild sehe ich kritisch. Aufgrund geringerer Erträge benötigen wir mehr Ackerfläche für die Nahrungsmittelproduktion – zu Lasten von Naturflächen und zu Lasten von Drittländern, deren Flächen wir für unsere dann steigenden Nahrungsmittelimporte benötigen. Leider gibt es Länder, die bis zu 80 Prozent ihres Nahrungsmittelbedarfs durch Importe decken müssen. Dazu gehören Länder in Afrika und Asien, aber auch China und Indien sind auf Nahrungsmittelimporte angewiesen. Die steigende Nachfrage kann aber nur von leistungsfähigen Nahrungsmittelproduzenten in Nordamerika, Europa und Teilen Südamerikas gedeckt werden – also von Ländern, die aufgrund günstiger Standortbedingungen und effizienter Produktionssysteme in der Lage sind, hochwertige Nahrungsmittel über den eigenen Bedarf hinaus zu produzieren. Deutschland hat dieses Potenzial. Aber es wird zum Importland, wenn wir die Effizienz unserer Agrarsysteme nicht nur nicht nutzen, sondern sie zunehmend in ihrem Potenzial beschneiden. Bei Obst und Gemüse können wir uns schon heute nicht mehr selbst versorgen. Krisensituationen zeigen, dass die Landwirtschaft systemrelevant sein kann. Was passiert, wenn man uns den Lebensmittelhahn zudreht wie der Energieversorgung den Gashahn? Wäre es dann nicht gut, wenn wir eine eigene leistungsfähige und nachhaltige Landwirtschaft hätten?
Dr. Thanawat Tiensin, FAO-Direktor für Tierproduktion und Tiergesundheit, und Dr. Dominik Wisser, FAO-Systemanalytiker, fordern in einem Interview mit unserer Verbandszeitschrift „Schweinezucht und Schweinemast“ mehr Effizienz in der Nutztierhaltung. Nur so können einerseits die Treibhausgasemissionen reduziert und andererseits 10 Milliarden Menschen ernährt werden. Eine Reduzierung des Konsums tierischer Lebensmittel oder die Umstellung auf eine vegane Ernährung hat einen geringeren Einfluss auf die globalen Gesamtemissionen als oft behauptet.
Und: Die Reduzierung von Lebensmittelverlusten bringt mehr als der Verzicht auf Fleisch (FAO: Pathways towards lower emissions).

https://www.rind-schwein.de/brs-news/weniger-nutztierhaltung-loest-nicht-die-klimaprobl.html
https://www.rind-schwein.de/brs-news/eine-nachhaltige-intensivierung-der-nutztierhaltun.html
https://www.rind-schwein.de/brs-news/eine-einseitige-betrachtung-bedeutet-den-tod-fuer.html

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