Bevor wir in das Thema Biogas einsteigen, stellt euch doch einmal kurz vor.
Mein Name ist Jens Albartus, ich bin seit 2006 Geschäftsführer der WELTEC BIOPOWER GmbH mit Sitz im niedersächsischen Vechta. Unser Unternehmen baut weltweit Biogas- und Biomethananlagen aus hoch qualitativem Edelstahl, die aus organischen Reststoffen Energie erzeugen. Mittlerweile haben wir über 400 Energieanlagen, in 26 Ländern, auf 5 Kontinenten errichtet. Außerdem haben wir über 15 Jahre Erfahrung mit dem dauerhaften und zeitweisen Anlagenbetrieb und decken mit unserem Servicenetzwerk die gesamte Biogas-Wertschöpfungskette ab.
Wofür wird derzeit Biogas genutzt und was genau sind die Vorteile?
Biogas lässt sich derzeit in vielen verschiedenen Bereichen nutzen. Mit nachgelagerten Aufbereitungsprozessen kann es in diverse Energieformen umgewandelt werden:
- Strom: Durch Verbrennung des Biogases in einem BHKW (Blockheizkraftwerk) entsteht Strom. Dieser kann zur Eigennutzung dienen oder in das vorhandene Stromnetz eingespeist werden.
- Wärme: Neben der Stromerzeugung im BHKW entsteht durch die Kraft-Wärme-Kopplung vielfältig nutzbare Abwärme. Diese kann zum Beispiel für das Beheizen der Fermenter der eigenen Biogasanlage genutzt und/oder in ein nahegelegenes Wärmenetz eingespeist werden.
- Biomethan: Biogas kann durch spezielle Aufbereitungsverfahren zu Biomethan aufbereitet werden. Das Biomethan kann dann als alternativer Treibstoff für Fahrzeuge dienen. Als Bio CNG (Bio Compressed Natural Gas) an der Tankstelle, oder als Bio LNG (Bio Liquefied Natural Gas) Dank hoher Energiedichte auch für Lkws und Schiffe. Durch diese nachhaltige Alternative zu fossilen Brennstoffen, wird die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen sowie die CO2-Emissionen im Verkehrssektor reduziert.
Biogas entsteht durch die Vergärung organischer Materialien wie Gülle, landwirtschaftlicher Abfälle sowie Bioabfälle. Gärreste, die bei dem Prozess entstehen, können als hochwertiger Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Dieser Dünger ermöglicht eine Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und schließt den Nährstoffkreislauf. Abfälle, die schon vorhanden sind, werden somit sinnvoll in Energie umgewandelt.
Mit der Erzeugung und Nutzung von Biogas wird nicht nur die Kreislaufwirtschaft geschlossen, die Herstellung ermöglicht auch eine Reduktion von Emissionen.
Methan gelangt durch die anaerobe Vergärung von organischem Material in den Fermentern nicht einfach in die Atmosphäre, sondern wird stattdessen für die Energiegewinnung genutzt. Außerdem verbrennt Biogas CO2-neutral, da das bei der Verbrennung freigesetzte CO2 zuvor von den Pflanzen während des Wachstumsprozesses gebunden wurde. Dies mindert die Treibhausgasemissionen.
Ein weiterer Vorteil der Nutzung von Biogas ist, dass es, im Gegensatz zu Sonnen- und Windenergie, flexibel einsetzbar und leicht zu speichern ist. Wenn Windräder also stillstehen und die Sonne nicht scheint, ist Biogas eine abrufbare Alternative für die Energieversorgung.
Was genau ist nun Bio LNG? Können Sie uns einmal den Prozess bei der Herstellung von Bio LNG erklären?
Bio LNG, wie oben schon aufgeführt, bedeutet Bio Liquefied Natural Gas. Bio LNG ist verflüssigtes Biomethan, das aus organischen Reststoffen gewonnen wird. Es ist eine CO2-neutrale Alternative, welche durch seine hohe Energiedichte hauptsächlich im Schwerlastsektor und für den Schiffsverkehr genutzt wird.
Das Biorohgas, das bei der anaeroben Vergärung von organischem Material entsteht, besteht aus 50-60 Prozent Methan (CH4), den Rest bilden hauptsächlich Kohlendioxid (CO2), Schwefelwasserstoff (H2S), Stickstoff (N2), Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2). Um das energetisch hochwertige Methan für den weiteren Prozess abzutrennen, können verschiedene Verfahren wie Druckwechseladsorption (PSA), Membrantrennverfahren oder Aminwäsche zum Einsatz kommen.
Im nächsten Schritt wird das gereinigte Biomethan auf eine Temperatur von etwa -162° Celsius abgekühlt, bei der es in den flüssigen Zustand übergeht. Dies geschieht in der Regel in einem mehrstufigen Prozess.
Das fertige Bio LNG wird über die Wasserstraße in LNG-Tankern und über den Straßentransport in speziell isolierten Tanks, um die niedrige Temperatur aufrechtzuerhalten, zum Endkunden geliefert.
Kann Bio LNG eine Alternative für Diesel bei landwirtschaftlichen Maschinen sein?
Im Logistiksektor ist Bio LNG durch seine hohe Energiedichte, geringere Emissionen und die vorhandene Infrastruktur eine vielversprechende Alternative zu Diesel. Für landwirtschaftliche Maschinen wie Radlader müssen oft spezifische Motoranpassungen vorgenommen werden, die kostenintensiver sind als bei Straßennutzfahrzeugen. Auch mangelt es an Infrastruktur für die Betankung der Maschinen im ländlichen Bereich und der Kraftstoff benötigt besondere, kyrogene Tanks, in dem er bei niedrigen Temperaturen gelagert werden kann. Derzeit sind hier deshalb Diesel, Biodiesel oder elektrische Antriebe die bevorzugte Wahl.
Welche Rahmenbedingungen in Bezug auf Technik, Logistik und Infrastruktur sind notwendig und sinnvoll, damit Bio LNG nachhaltig eingesetzt werden kann?
Um Bio LNG nachhaltig einzusetzen, benötigen wir technisch angepasste Motoren und kyrogene Tanks sowie eine ausgebaute Infrastruktur. Dazu zählt auch die Anbindung an genügend Biogas- und Biogasaufbereitungsanlagen. Zudem müssen die nötigen regulatorischen Rahmenbedingungen gesetzt sein (Förderprogramme und einheitliche Standards für die Herstellung und Nutzung des Kraftstoffes).
Welche Potenziale sehen Sie für Biogas und Bio LNG?
Biogas ist eine alternative Energiequelle zu fossilen Energieträgern und kann zur dezentralen Energieversorgung sowie zum Ausbau der Kreislaufwirtschaft beitragen. Bio LNG macht vor allem im Verkehrssektor und der Industrie Sinn und trägt, so wie Biogas, auch zur Reduktion von Treibhausgasemissionen bei.
Stichwort Pariser Klimaabkommen – wie wird sich der Markt entwickeln?
Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, sehen wir in Deutschland vor allem die Politik in der Verantwortung. Der Grundsatz der Technologieneutralität muss in allen Sektoren gewahrt und für alle erneuerbaren Energien verlässliche, investitionsfreundliche und planbare Rahmenbedingungen geschaffen werden. Für Biogas und Biomethan heißt das die Verbesserung der Förderungskulisse des EEG. Zudem sind eine Beschleunigung, Vereinfachung und Harmonisierung der genehmigungsrechtlichen Rahmenbedingungen notwendig und im Verkehrssektor eine verlässliche und diskriminierungsfreie Weiterentwicklung der THG-Minderungsquote und Technologieneutralität bei der Ausgestaltung der LKW-Maut, d.h. Gleichstellung von Fahrzeugen mit biogenen alternativen Kraftstoffen gegenüber so genannten „Zero-Emission-Fahrzeugen.“ Hier fordern wir eine Mautprivilegierung für CNG/LNG-Fahrzeuge, die CNG/LNG biogener Herkunft nutzen. Dies könnte über einen konkreten Nachweis getankter Biokraftstoffe erfolgen. Immerhin könnten durch Bio-LNG im Vergleich zur Betankung mit Diesel jährlich in Deutschland um die 383.000 t CO2 äq eingespart werden. Damit würde ein LKW 2025 mal die Welt umrunden können.
International gesehen hängt der Markt auch stark von der Entwicklung einer entsprechenden Infrastruktur und Zusammenarbeit zwischen den Ländern ab, einschließlich Tankstellen, Pipelines und Lagerkapazitäten. Eine verstärkte Investition in diese Infrastruktur und Handelsabkommen könnte die Verbreitung dieser Kraftstoffe unterstützen.
Vielen Dank für das Interview!