Ihre Forschung stellt fest, dass eine verringerte Agrarproduktion in der EU nicht automatisch zu geringeren Emissionen führen würde. Warum nicht?
Eine Einschränkung der EU-Produktion würde zu Verschiebungen der Produktion in Nicht-EU-Staaten sowie zu entsprechenden Landnutzungsänderungen in der EU und Nicht-EU führen. Diese so genannten Leakage-Effekte führen dazu, dass die potenziell positiven Umweltwirkungen in der EU durch negative Umweltwirkungen in anderen Regionen konterkariert werden. Treibhausgas-Emissionen kennen nun einmal keine Staatsgrenzen.
Ihre Arbeit errechnet die Leakage-Effekte für die Farm-to-Fork-Strategie der Europäischen Union.
Korrekt. Die Strategie mit ihren angedachten Maßnahmen würde zu einer Reduktion der Landwirtschafts-Emissionen der EU in Höhe von 109 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten führen. Zugleich gäbe es aber einen negativen Leakage-Effekt von rund 50 Millionen Tonnen sowie einen Rückgang der C02-Einlagerungen von weiteren 50 Millionen Tonnen. Der Nettoeffekt von Farm-to-Fork beläuft sich also auf gerade einmal 9 Millionen Tonnen.
Wie schätzen Sie die Situation bezogen auf die Fleischproduktion ein?
Zur Einhaltung der Klimaschutzziele sind technische Innovationen in der Tierhaltung unabdingbar. Der technische Fortschritt darf in diesem Sektor nicht unterschätzt werden, so dass es mittel- und langfristig sicher möglich ist, entsprechende Nachhaltigkeitsziele auch bei hohen Tierbesatzzahlen zu erreichen. Wichtig ist, dass klare ökonomische und politische Anreize gesetzt werden, um die Entwicklung und Implementation neuer Technologien zu ermöglichen.
Welche Konsequenzen sollten aus den Ergebnissen Ihrer Studie gezogen werden?
Die Farm-to-Fork-Strategie hat das Potential einer Win-Win-Situation für Verbraucher und Landwirte. Die aktuell geplanten Vorgaben sind allerdings nur bedingt effizient. Das betrifft etwa die pauschale Förderung spezieller Produktionstechniken wie den ökologischen Landbau. Hier gibt es andere Ansätze, die wirksamer sind, wie die direkte Reduktion der Stickstoffbilanz. Es braucht eine moderne Governance, die einerseits verlässliche Anreize für eine nachhaltig-effiziente Nutzung der knappen Landressourcen schafft und andererseits Verbraucher zum nachhaltigen Konsum gesunder Lebensmittel motiviert.