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Gendern in der Landwirtschaft?

Gendern in der Landwirtschaft
Maja Mogwitz (Foto von Jakob Manzei)

Die Gesellschaft führt seit einigen Jahren eine hitzige Debatte zum Thema Gendern. Müssen wir nun auch Gendern in der Landwirtschaft? Diese Frage haben wir uns gestellt und sind mit Agrarwirtin Maja Mogwitz ins Gespräch gegangen. Eine Frau mit vielen Berufungen, sie ist Podcasterin, Social Media Managerin, Autorin und Gründerin einer Agentur für die Agrarkommunikation. Wir freuen uns sehr, dass sie trotz dessen die Zeit gefunden hat, sich unseren Fragen zum Thema Gendern in der Landwirtschaft zu stellen.

Die Landwirtschaftsbranche, bekannt als konservativ geprägt, befindet sich aber derzeit im Umbruch. Kommt das Gendern also zu einem richtigen Zeitpunkt, werden gerade Landwirt:innen sichtbarer? Wir beleuchten das Pro und Contra der geschlechtergerechten Sprache mit Maja.

Den spannenden Podcast „Jung und Landwirtin“ von Maja findet ihr unter: Jung & Landwirtin | Podcast on Spotify

Maja, bevor wir mit dir über das eigentliche Thema sprechen wollen, stell` dich doch bitte einmal kurz vor.

Hi, na klar, gerne. Mein Name ist Maja Mogwitz und ich bin studierte Landwirtin und komme von einem wunderschönen Ackerbaubetrieb aus der Nähe von Hannover. Aktuell bin ich Dorf-Stadtmensch, denn ich lebe in Hamburg genauso viel, wie ich Zuhause bei uns auf dem Hof bin. Vor meiner Selbstständigkeit war ich auf einer Agrar-Weltreise und nun bin ich Agrarpodcasterin und selbstständig im Bereich der Agrarkommunikation.

Die Landwirtschaft befindet sich seit geraumer Zeit in einem enormen Wandel, bedingt durch diverse Krisen und dem Generationenwandel. Warum genderst du? Und wann hast du damit begonnen?

Die Krisen möchte ich gerne getrennt vom Gendern betrachten – sie haben damit nichts zu tun. 

Für mich geht es um die Assoziationen, die wir Menschen beim Sprechen bei anderen auslösen. Wir achten in der Agrarbranche auch schließlich darauf, dass man nicht Pestizide oder Massentierhaltung sagt, sondern eben Pflanzenschutzmittel und Tierhaltung. Aus dem Grund, weil andere durch die Begriffe eine gewisse Vorstellung von etwas haben. Ebenso wie beim Gendern. Für mich macht es einen Unterschied, ob jemand von einem Landwirt spricht oder von Landwirt:innen. Das ist meine Haltung dazu. Ich möchte trotzdem niemanden eine Sprache aufzwingen. Ich spreche und schreibe so, weil es mir wichtig ist. Andere müssen das selbst für sich abwägen.

Wir haben das Problem in der Landwirtschaft, dass wir uns von der Öffentlichkeit falsch wahrgenommen fühlen. Kann dies durch das Gendern in der Landwirtschaft noch verstärkt werden?

Verstärkt =verändert?

Ich würde die Agrarbranche gerne mit einschließen in die Betrachtung und uns nicht von der Öffentlichkeit trennen. 

Denn ich denke, die Branche selbst kann sich noch mehr eingestehen und zeigen, wie weiblich und divers sie an vielerlei Stellen ist und noch werden kann. Das könnten wir wunderbar durch unsere Sprache zeigen und natürlich auch mit Bildern, Grafiken etc. zumindest in den Medien.

Entfernen wir uns voneinander durch das Gendern eventuell mehr als das wir uns annähern? Meinst du, es werden dabei Menschen ausgeschlossen oder vergessen?

Für mich ist es ein Annähern und kein voneinander entfernen. 

Denn mit unserer aktuellen Sprache fühlen sich ein paar Menschen ausgeschlossen. Wenn wir von Ärzten, Bauarbeitern und Unternehmern sprechen, fehlt meiner Meinung nach ein großer Teil. Beispielsweise habe ich neulich von mir als angehende Betriebsleiterin gesprochen und in einem Artikel wurde daraus „Betreibsleiter“ gemacht, obwohl es um mich ging. Ich finde, das verändert ein Bild. Kein Mensch wird sich darunter eine junge Frau vorstellen. Gerade in einer Welt, die traditionell und in der Vergangenheit mehrheitlich stark von Männern geprägt war, finde ich es schön zu sehen, dass es auch Frauen in der Branche gibt. So könnte man übrigens auch sprachlich einen Beitrag dazu leisten, dass sich neue Nachwuchskräfte bei der Jobfindung mit unserer Branche mehr identifizieren können.

Findest du dem Thema wird zu viel Gewicht bzw. Aufmerksamkeit gegeben?

Die Debatte übers Gendern, müsste in meinen Augen keine sein. Da mir aber das Gendern bereits schon untersagt wurde, beispielsweise bei landwirtschaftlichen Artikeln, die ich für Magazine eingereicht habe, habe ich dazu eine Haltung entwickelt. 

Normalerweise vertrete ich die Ansicht, dass sich Sprache natürlich entwickelt. So hat sich das Gendern auch bei mir etabliert. In meinem Umfeld und die Medien, die ich konsumiere, wird schon seit einigen Jahren gegendert. Lange Zeit habe ich da auch nicht mitgemacht. Nun hat es sich aber ganz natürlich „eingeschlichen“.

Unsere Sprache ist schon immer im Wandel. Ist doch spannend, dass wir beim Gendern so ein Ding draus machen. Schauen wir alleine mal auf die Anglizismen, die auch in der Landwirtschaft immer mehr Verwendung finden, wie beispielsweise „Precision Farming“ oder „Strip-Till-Drille“ darüber wurde auch nicht diskutiert. 

Werden die Unterschiede zwischen Stadt- und Landbevölkerung durch das Gendern verstärkt?

Ich denke, dass Menschen aus der Stadt mehr geneigt sind zu gendern und dem Thema offener gegenüber sind. In einer Großstadt wird man schließlich täglich daran erinnert, wie divers die Gesellschaft ist. So fällt es bestimmt einfacher, die Sprache dem Gesellschaftsbild anzupassen. Auf dem Dorf dagegen ist manchmal wenig Raum für Diversität. Umso schöner, wenn wir sprachlich dazu einladen, divers zu sein oder sein zu dürfen. 

Meinst du das Gendern hat Auswirkungen auf den Gender Pay Gap oder andere Ungerechtigkeiten?

Meiner Meinung spielen da viele Faktoren mit rein. Gendern ist ein Teil davon. Jedoch reicht das Gendern alleine natürlich nicht für eine wirkliche Veränderungen aus!

Vielen Dank für das Interview!

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